Ironman Barcelona...Wenn der Teufel auf den größten Haufen scheißt
Als Saisonabschluss nach dem Erreichten Ziel des Ironman 70.3 WM Titels sollte ich mir nur 4 Wochen später beim Ironman Barcelona die Quali für die die Ironman Weltmeisterschaft auf Hawaii 2019 holen.
Nach der Rückkehr aus Südafrika bin ich nur sehr schwer wieder in einen effektiven Trainingsrhythmus gekommen, sowohl mental als auch körperlich. Vom Kopf her hatte ich mit dem erreichten Ziel des WM Titels eigentlich mit der Saison abgeschlossen. Nach einer guten Woche Urlaub mit einem rekordverdächtigen Tiefpunkt an Schritten am Tag dafür mit umso mehr Wein und Fleisch im Bauch war ich aus Südafrika zurück. Wie es viele vielleicht kennen konnte ich mich nur schwer aufraffen und zum Sport motivieren. Der erste Versuch wurde dann auch gleich durch einen Infekt zunichte gemacht, da das Umschalten von Urlaubs auf Trainingsmodus wohl zu abrupt kam. Nachdem aber alles überstanden war und die ersten zwei drei Einheiten sich wirklich schrecklich anfühlten war der Hunger nach Schmerzen bald wieder da und es hieß dann nur Fitness irgendwie halten ...ich hab mich dann richtig auf ein im Vergleich zur Mitteldistanz „entspanntes“ Langdistanz Rennen gefreut. Und trotz der Vorfreude und Überwindung meines Motivationtiefs hatte ich ein mulmiges Gefühl und mich irgendwie unvorbereitet gefühlt. Aus dieser Unsicherheit wurden dann zwei Tage vor dem Rennen durch Halsschmerzen bestätigt. Normal zieht sich diese anfängliche Männergrippe nach dem rohen Verzehr einer Ingwerwurzel zurück…doch es kam schlimmer…es entwickelte sich eine fürchterliche Männergrippe sogar mit gelben Rotz.
Die am-Renntag-einmal-in-den-Neo-pinkeln-und-dann-ist-wieder-alles-gut-Taktik hat sich jedoch wieder ausgezahlt…das Adrenalin hat alles negative vergessen gemacht. So auch meine Pumpe, die ich in der Wechselzone verstellt hatte, wo der „Haufen“ (siehe Überschrift) angefangen hat zu wachsen und das Übel seinen Lauf nahm… Durch die wilde Suche hab ich dann auch noch meine Freundin und Coach verloren. Das wichtige Ritual des Verabschiedungskusses, natürlich von meiner Freundin nicht vom Coach, blieb auf der Strecke. Selbst eine Minute vor dem Start hab ich von der Startlinie aus noch die blaue Böhnleinskappe meiner Freundin gesucht, um mir Mut zu holen, doch dann gabs plötzlich einen Knall, ich war alleine, alles ruhig kalt und nass. Eigentlich klingt das ganz erholsam, wenn da diese 2 Meter hohen Wellen und 3450 Schwimmer in meinem Rücken gewesen wären…ein entspanntes, rhythmisches Schwimmen in einem Wasserschatten war also ein Ding der Unmöglichkeit…Viel wichtiger war es die nur für einen Bruchteil einer Sekunden auftauchenden Bojen und ein Meter großen Quallen im Auge zu behalten, um den Kurs nicht zu verlieren. Deswegen war ich überrascht als ich mit 58 Minuten und 9. der Altersklasse aus dem Wasser kam. Dies sollte der Höhepunkt der Gefühle bleiben, denn der „Haufen“ fing stetig an zu wachsen. In den ersten 10 Minuten auf dem Rad hatte ich noch gehofft, dass die schmerzenden Beine nur ein Erscheinen des Umstieg aufs Rad sein sollen, musste jedoch feststellen, dass die Trägheit wohl doch von der Erkältung rührte, da es nach 25 km mindestens genauso schwerfällig war. Fast erleichtert stieg ich dann also bei Kilometer 35 das erste Mal vom Rad, weil ich vorne einen Platten hatte. Der Schlauchwechsel lief bis auf das Aufpumpen unerwartet reibungslos (abgesehen von dem Pannenspray, das nicht am Reifen, sondern an mir und am Rad wie Rasierschaum bei einer Ganzkörperrasur haftete), weshalb ich den nächsten Mechaniker aufsuchen musste um Luft nachzufüllen. Entweder war es das Problem, dass der Mechaniker weder „air“ , „pump“ noch „seven bar“ verstanden hat oder weil er noch zu viel Power zu der frühen Zeit des Rennen hatte…auf jeden Fall hat er mit einer Standpunkte Luft in den Reifen gejagt wie ein 1000 Volt Kompressor mit Starkstrom, so dass uns der Schlauch um die Ohren flieg.
Als ich dann wieder 15 Min überholend unterwegs war, hatte ich zwei Athleten vor mir mit denen ich im regelgerechten 12 Meter Abstand fahren konnte. Nach kurzer Zeit kam ein Motorrad, ich grüßte nett und blickte einer blauen Karte entgegen….Die Frage „For what?“ blieb aufgrund der bekannten Sprachbarriere aus. Ich war mir zudem Punkt sicher, dass es wegen meinem am Straßenrand liegen gelassenen Schlauch&Co handeln musste, weil ich zu diesem Zeitpunkt in einem fast so vorbildlichen Abstand war wie zu keinem anderen Zeitpunkt des Rennens…Zum Glück wusste ich, dass die Mechanikerstation vom Reifenwechsel gleichzeitig auch das Penaltyzelt war, denn der versprochene gelbe Zeltschirm nach dem ich Ausschau gehalten hatte, wurde wohl vergessen.
Aufgrund der bekannten Sprachbarriere begrüßte ich die Crew mit einem „Buenos Dias“, den Versuch den Grund meiner Zeitstrafe zu ermitteln, brauch ich aber logischerweise ab…Ein bisschen Hoffnung schimmerte auf als ich bei der Hälfte erfahren hatte, dass ich nur 15 Minuten hinter Platz 3 lag…“Das kann ich noch Reinlaufen“ ohne an die mittlerweile immer noch schmerzenden Beine zu denken. An meiner Lieblingsmechaniker/Penalty-station rauschte ich noch vorbei…bis es 5 km später wieder das Hoppeln anfing…Wie das Ende eines Liedes hörte sich das immer leiser werdende Zischen der Luft aus dem Reifen an, was mir die letzte „Luft" raubte noch an die Quali hier in Barcelona zu glauben. Durch eine von so vielen 20-50 Mann starken Radgruppen, die vorbei rauschte wurde ich aber gleich aus meinen Gedanken gerissen, und machte mich schiebend auf zurück zu meinen mittlerweile Freunden aus der bekannten Mechanikerstation, in der Hoffnung eine Bar auf dem Weg zu finden. Begleitet von Hustenattacken auf dem Weg dorthin gab es ein mentales Unwetter aus Enttäuschung und Dankbarkeit…Einerseits wurde mal wieder so richtig bewusst wieviele Leute sich Mühe machen, mich begleiten, ihre Zeit opfern und mich unterstützen…und wie dankbar ich euch sein kann und ich es gar nicht genug zeigen kann. Andererseits suchte ich irgendwie vergeblich bei mir den Fehler, was ich hätte besser machen können, um dieses Ergebnis zu beeinflussen, damit ich es auf mich schieben und auf mich wütend sein kann…und ich suche immer noch. „Es soll einfach nicht sein“ und „Ist vielleicht besser so für meine Gesundheit“…redete ich mir schon zu diesem Zeitpunkt ein, um nur irgendwie einen Grund bzw. Antwort zu finden.
Beim dritten Besuch in der gleichen Mechaniker und Penaltystation kannte ich die Leute schon so gut und hatte so viel Spanisch dort gelernt, dass ich die Sprachbarriere überwinden konnte: „Camara plano!“ „Schlauch platt!“
Um den Rest des Rennens, die 50 km in die Wechselzone, einen Sinn zu geben hab ich mir ein Hinterrad geschnappt und bin bewusst mit verbotenen, aber hier in Barcelona wohl üblichen 50 cm Abstand heimgerollt…eine diesmal erhoffte zweite Karte wegen Windschattenfahrens blieb leider aus.
Den Wechsel in die Laufschuh nahm ich noch mit als Möglichkeit einen schnellen Wechsel zu trainieren bevor ich das Laufen nach einem Kilometer abbrach, wo ich endlich meiner Freundin in die Arme fallen und (wie ich gerade euch auch) mein Leid klagen konnte. Es war ein brutale Entscheidung das Rennen zu dem Zeitpunkt abzubrechen und ich sollte auch recht behalten, als ich mir vorstellte, dass mich mein Gewissen lange quälen wird.
Die so leicht gesagte Ermutigung, „abhaken und nach vorne schauen“ wurde auch sofort umgesetzt…noch während das Rennen lief haben wir angefangen zu planen. Daheim angekommen hatten wir mit dem Gedanken gespielt beim Ironman Florida am 3.November nochmals anzutreten. Die durch einen Radtest bestätigte Form konnte mir der nun gemütliche Mahr Bockbieranstich auch nicht schädigen. Aufgrund eines Wechsels des Austragungsort wegen des Hurrikans und einem damit verbundenen Anmeldeschluss war das Saisonende dann jedoch besiegelt.
Wenn ich jetzt nach ein paar Wochen auf den Wettkampf zurückblicke, kann ich auf jeden Fall den Schluss daraus ziehen, dass das Ergebnis ja eigentlich genau dafür steht was Sport so interessant und spannend macht. Nachdem die Saison bis dahin so perfekt gelaufen ist, bin ich das Rennen und die Vorbereitung darauf in meinen Augen zu unkonzentriert angegangen. Ein Grund dafür war sicher, dass der Ironman Barcelona mit dem Ziel der Quali nur ein untergeordnetes Ziel der Saison war, da der Fokus ja voll auf der Weltmeisterschaft in Südafrika lag. Das Ergebnis wird mir auf jeden Fall eine Lehre sein und hat mich wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Deswegen hat der Teufel mir mit seinem großen Geschäft sogar vielleicht etwas Gutes getan…Nun weiß ich auch warum der Ironman Barcelona Rucksack einfach nur rot ist….Nachdem dieser Rucksack meine einzige Erinnerung an das Rennen ist wird es der erste Rucksack sein, den ich intensiv nutzen werde, so dass ich so oft wie möglich an die Lektion in Barcelona erinnert werde.
Supderdoc „Dreser“ Först und Hendrick von Pro Physio kümmern sich jetzt um ein paar Baustellen am Fahrgestell bevor die Vorbereitung auf die Quali Hawaii losgeht.
Um den Amis einen Vorgeschmack zu geben wie es um deutsches Premiumfleisch steht, werden wir beim Ironman Texas, der Amerikanischen Meisterschaft, am 27.April 2019 auf Jagd gehen.
Und mit dem ersten Erfolgserlebnis …mit einer 33%igen Freiwurf beim Brose Bamberg Spendenwurf geht es steil bergauf!!